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Wirtschaft für den Menschen

Ein Grundkurs in Wirtschaftswissenschaft

Rudolf Steiner

[Archiati Verlag, 2010]

Uit het Voorwoord van Pietro Archiati:

Der Organismus der Weltwirtschaft leidet an einer chronischen Krankheit. Diese wird vom unversöhnlichen Gegensatz verursacht, der zwischen den Interessen der Nationalwirtschaften und den Anforderungen der Globalisierung besteht. Die Errungenschaften von Wissenschaft und Technik haben zunehmend eine einheitliche Weltwirtschaft hervorgebracht, andererseits bestehen in ihr die alten Volks- oder
Staatswirtschaften fort, die in ihren Entscheidungen hartnäckiger denn je ihre «nationalen Interessen» verfolgen.

Als Rudolf Steiner vor fast einem Jahrhundert diese Vorträge vor Ökonomie-Studenten hielt, war die Weltwirtschaft schon zum guten Teil Wirklichkeit geworden. Eine wesentliche Ursache des 1. Weltkrieges lag im Gegensatz zwischen den ausgleichenden Kräften der Weltwirtschaft und der Konkurrenz der zwei damals führenden Volkswirtschaften, England und Deutschland. Heute besteht der
wichtigste wirtschaftliche Gegensatz in der Rivalität zwischen Amerika und China mitten in einer sehr weit fortgeschrittenen Weltwirtschaft.

Bei der Weltklimakonferenz Anfang 2010 findet der Präsident der USA eine billige Ausrede, um sich zugunsten der mächtigen amerikanischen Unternehmen aus der Verantwortung für die Umwelt zu ziehen. Er sagt: Wie kann man eine globale Einigung für den Schutz der Umwelt finden, wenn der Umweltsünder Nr. 1, China, nicht einmal bereit ist, Inspektoren ins Land zu lassen, die das Einhalten
der vereinbarten Maßnahmen sicherstellen!

Wie die Wirtschaft unter dem Gegensatz von Global- und Nationalinteressen leidet, so leidet die Wirtschaftswissenschaft unter der Form, die das neuzeitliche Denken angenommen hat. Die moderne Naturwissenschaft hat eine Art von Denken erzeugt, das nur das Abstrakte oder das Tote erfassen kann. Es ist nach dem Urteilsspruch Kants eine reine Illusion, ein «Abenteuer der Vernunft», das Lebendige mit Menschendenken erfassen zu wollen. Und was das Denken der letzten Jahrhunderte im Allgemeinen angeht, kann man Kant nicht ganz unrecht geben. Dieses Denken ist in dem Sinne «tot» geworden, dass es nur noch scharf umrissene Begriffe fassen kann. Aber alles, was lebt, ist nie scharf umrissen, es ist immer im Fluss, es bewegt
sich unentwegt, es ist in jeder Minute anders.

Der Wirtschaftsprozess ist selbst lebendig, er ist in stetiger Fluktuation. In der Wirtschaftswissenschaft nützt es nichts, scharfe Begriffe etwa über «Arbeit», «Geld» oder «Preis» zu haben. Der Wert, den die Arbeit an der Natur erzeugt, ist an jedem Ort und zu jeder Zeit ein anderer. Ein 100-Euro-Schein in der Tasche des einen Menschen kann wesentlich mehr oder weniger wert sein, als ein 100-Euro-
Schein in der Tasche des anderen.

Bewegliche Begriffe zu bilden, die im Verfolgen des wirtschaftlichen Prozesses sich selbst wandeln können, das ist die Kunst des Wirtschaftswissenschaftlers. Diese Kunst bringt «Begriffsbilder» hervor, die sich wie eine beweglichlebendige
«Anschauung» ausnehmen. Die Beobachtung der sich unentwegt wandelnden wirtschaftlichen Wirklichkeit bringt dem anschauenden Menschen immer Neues
entgegen. Das Denken kann sich so an die Wahrnehmung schmiegen, dass es selbst zu einer wahren «Welt-Anschauung » wird, zur anschaulich-anschauenden Schilderung dessen, was an einem gewissen Ort und zu einer bestimmten
Zeit in der Wirtschaft geschieht.

(...)
 

Wirtschaft für den Menschen

Ein Grundkurs in Wirtschaftswissenschaft

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